Als ich hörte, dass Joaquin Phoenix für die Rolle des Jokers engagiert wurde, jubelte mein Fanherz! Mr. Phoenix ist nicht nur ein brillanter Schauspieler, sondern wäre auch meine erste Wahl für den Superschurken gewesen. Je mehr Film-Details im Laufe der Zeit rauskamen, desto größer wurde meine Vorfreude auf das fertige Werk. Ob Joker meine große Erwartungshaltung erfüllen konnte, liest du in meiner Filmkritik.

Worum geht’s?

“Jeder kennt Joker, den erbitterten Erzfeind und schlimmsten Gegner, der Batman erbarmungslos zusetzt, aber keiner weiß, warum das geschah. Eigentlich war Arthur Fleck früher ein Junge wie viele andere, er war etwas eigenbrötlerisch und sein Lachen klang ziemlich erschreckend, doch nichts deutete darauf hin, dass er das Böse in sich trug, welches er später zu seinem Lebensinhalt machte. Doch der Spott und die Demütigungen, denen er sogar in seinen therapeutischen Sitzungen ausgesetzt waren, ließen in seiner Seele eine finstere Saat reifen …“ (Quelle: Warner Bros.)

Der Werdegang des Jokers

Joker Filmkritik
Joker, Warner Bros.

Bisher kannten viele den Joker höchstens aus Batman-Filmen und einigen Comics. Dort nahm er einfach nur die Rolle des Gegenspielers des dunklen Ritters ein. Wurde der Werdegang von Bruce Wayne zu Batman bereits unzählige Male thematisiert und erklärt, blieb die Metamorphose von Arthur Fleck zum Joker, dem größten und bekanntesten Superschurken, filmisch bisher gänzlich unbeleuchtet.

Was muss mit einem Menschen passieren, dass er ein kranker, diabolischer und eiskalter Killer mit einem Lächeln auf den Lippen wird? Was ist ihm widerfahren, dass er der Menschheit mit so viel Verachtung und Gleichgültigkeit gegenübertritt?

In über 120 Minuten begleitete ich Arthur Fleck auf seiner Reise hin zum Joker, die mich häufig schaudern, aber auch mitfühlen lies. Dabei verzichtet der Film komplett auf die klassischen Superhelden-/Schurken-Klischees, die so viele beispielsweise aus den Marvel-Filmen kennen und schätzen.

„Joker“ zeigt eine unglaubliche Charaktertiefe, wie sie in Comic-Verfilmungen bisher noch nie stattfand.

Joker Filmkritik
Joker, Warner Bros.

Bei Joaquin Phoenix vergeht mir nicht das Lachen

Die Tiefe und Eindringlichkeit des Charakters ist einzig Joaquin Phoenix zu verdanken, der so brilliert, dass ich ihm nach dem Film am liebsten direkt einen Oscar zugeworfen hätte.
Die Verzweiflung gegenüber sich selbst und anderen, die Enttäuschungen und Lügen, aus denen sich im Laufe des Films der pure Wahnsinn entwickelt, gleicht einer Gesellschaftskritik, wie sie aktueller nicht sein könnte – und das, obwohl der Film in den 80er Jahren spielt.

Ein großer Teil dieser Intensität ist ebenfalls der Kamera zu verdanken. In vielen Close-ups wird die in Arthur Fleck immer stärkere werdende Wut und der aufkommende Wahnsinn so unglaublich intensiv gezeigt, dass mir häufig eine Gänsehaut über den Rücken lief.

Joker Filmkritik
Joker, Warner Bros.

Unnötig brutal?

Im Vorfeld wurde darüber berichtet, dass einige Zuschauer den Kinosaal aufgrund einiger Gewaltszenen vorzeitig verließen. Ich glaube, dass da ein ganzes Stück PR mit am Werk war.
Ja: Es gibt ein paar Gewaltszenen, die auch mich schlucken ließen.
Nein: Diese werden nicht zum Selbstzweck eingesetzt, sondern finden bewusst statt und fügen sich in die Story ein.
Und ja: Der Film ist nichts für Zartbesaitete. Dafür sorgt allein Arthur Flecks‘ kranke Psyche und weniger die gezeigte Gewalt.

Kein klassischer Superhelden/Schurken-Film

Falls du hoffst, dass es an allen Ecken und Enden knallt und explodiert, wirst du enttäuscht sein.
Zwar steht Gotham kurz davor zu kollabieren, aber effektvolles „In die Luft sprengen“ oder CI-Schlachten suchst du hier vergebens.
Das hat der Film zum Glück auch gar nicht nötig.

Joker Filmkritik
Joker, Warner Bros.

Auch das Wayne-Imperium kriegt sein Fett weg

Wird die Wayne-Familie in den Batman-Filmen und -Comics häufig genug als edle Retter einer verkommenen Stadt dargestellt, beleuchtet „Joker“ das Ganze etwas differenzierter. Auch, wenn sich die Geschichte der Waynes hier vornehm im Hintergrund hält, wird schnell klar, dass jede Medaille zwei Seiten hat und nicht alles Gold ist, was den Namen Wayne trägt.
Aufgrund von Spoiler-Gefahr gehe ich hier nicht weiter darauf ein, aber es ist sehr interessant zu erfahren, warum das Wayne-Imperium einige Schrammen im Lack und Joker so einen Hass auf diese Familie hat.

Joker Filmkritik
Joker, Warner Bros.

Mein Kino-Highlight 2019

„Joker“ stellt alles auf den Kopf. Stand er früher einfach nur als wahnsinniger Clown auf der einen und der dunkle aber heroische Ritter Batman auf der anderen Seite, sieht man NACH dem Film alles in einem ganz anderen Licht.

Joaquin Phoenix gibt Arthur Fleck eine emotionale Tiefe, die mich schaudern und gleichzeitig noch kritischer mit der Gesellschaft auseinandersetzen lässt. Denn letztendlich ist sie es, die den Joker zum Vorschein bringt. Ein Produkt einer verrohten und gleichgültigen Welt.
Und so ist das Plädoyer, das der Joker kurz vor Schluss des Films hält, so einleuchtend wie wahnsinnig zugleich.

Unter anderem ein Grund, warum ich mich noch lange nach dem Film gedanklich damit beschäftige und der mir zeigt, dass ich da etwas ganz Besonderes gesehen habe.

Joker
Kino-Release DE10.10.2019
Filmlänge122 Minuten
FSK16
DarstellerJoaquin Phoenix, Robert De Niro, Zazie Beetz
RegieTodd Phillips
FilmverleihWarner Bros.